Die NATO hat vor wenigen Stunden beschlossen, “Patriot”-Raketen an die türkisch-syrische Grenze zu verlegen. Eine klare Mehrheit der deutschen Bevölkerung lehnt die Entsendung der Bundeswehr ab. Trotzdem sollen etwa 170 Bundeswehrsoldaten mitsamt Raketen auf Anfrage der türkischen Regierung im Rahmen von Artikel 4 des NATO-Vertrags ab Dezember 2012 bzw. Januar 2013 der Türkei zur Verfügung gestellt werden. Eine Zustimmung durch SPD und CDU im Bundestages gilt als sicher, lediglich die Fraktion DIE LINKE lehnt den Einsatz strikt ab. Die GRÜNEN haben sich noch nicht entschieden.
Angeblich soll die Türkei vor syrischen Luftwaffen- und Raketenangriffen geschützt werden. Ein Angriff Syriens auf die Türkei wäre jedoch für den syrischen Präsidenten Assad in der aktuellen Situation Selbstmord. Die Patriot-Raketen dienen nicht dem Schutz der türkischen und kurdischen Bevölkerung im Grenzgebiet, vielmehr geben sie der türkischen Armee Feuerschutz bei deren Unterstützung islamistischer Söldner insbesondere in den kurdischen Landesteilen Syriens. Damit leistet die Bundesregierung aktive Unterstützung bei der Vorbereitung neuer Massaker an der kurdischen Bevölkerung. Schon in den 1990er Jahren wurden mit Hilfe geschenkter Panzer und anderer Waffen aus den NVA Beständen der ehemaligen DDR über 3500 kurdische Dörfer zerstört, viele Bewohner starben und mehrere 100 000 Menschen wurden in die Flucht getrieben.
Als größte Gefahr betrachtet die Türkei vor allem die Entwicklung im kurdischen Teil Syriens, wo sich kurdische Selbstverwaltungsstrukturen etabliert haben, die sowohl zum Assad-Regime wie auch zu der von den Muslimbrüdern dominierten syrischen Opposition Abstand halten. In den weitgehend kriegsverschonten kurdischen Gebieten betreibt die Türkei eine aktive Destabilisierung. So hat sie etwa in die kurdische Stadt Serêkani (Ras al-Ain) Militante der „Freien Syrischen Armee“ gegen den Willen der Bevölkerung über die türkisch-syrische Grenze einmarschieren lassen und dadurch erst Gefechte mit der zuvor gar nicht mehr in dieser Stadt stationierten syrischen Armee provoziert.
Auch die mutmaßlichen Standorte der Bundeswehrraketenstationierung in der Türkei sprechen für sich. So sollen Presseberichten zufolge Einheiten des Systems in der heimlichen Hauptstadt der kurdischen Gebiete in Diyarbakir stationiert werden. Ein zweiter Stationierungsort ist in Hatay vorgesehen. Eine Gegend an der syrischen Grenze, die sich durch den hohen Anteil der religiösen Minderheit der Alawiten auszeichnet.
Ein System wie die Patriots kann Flugzeuge und Raketen abschießen, aber gegen die Granaten, die von Unbekannten auf die Türkei geschossen wurden, nichts ausrichten. Mit einer Reichweite von 170 Km wäre es aber selbst bei einer Stationierung im 100 Km von der Grenze entfernten Diyarbarkir noch möglich, eine Flugverbotszone durchzusetzen und so der Freien Syrischen Armee (FSA) und den Al-Kaida-Milizen einen Ruheraum entlang der Grenze zu verschaffen, um den Sturz Assads zu beschleunigen.
Schon im Sommer ließ sich die türkische Regierung eine Militärintervention in Syrien per Parlamentsbeschluss absegnen und zog in den letzten Monaten massive Militärkräfte an der Grenze zusammen. Auf internationaler Bühne wird die Türkei nicht müde, nach libyschem Vorbild eine Flugverbotszone für Teile Syriens entlang der türkischen Grenze zu fordern.
Die Türkei ist schon jetzt Kriegspartei, sie bietet bewaffneten syrischen Oppositionsgruppen ein Rückzugsgebiet und Operationsbasen. Die NATO und die Bundesregierung bestärken mit ihrer Zusage zur Unterstützung bei der Luftabwehr die Türkei in ihrem Eskalationskurs.
Leider steht die Türkei mit ihrer Kriegspolitik nicht alleine da. Auf Betreiben des französischen Präsidenten Hollandes soll die syrische Opposition (nun auch offiziell) mit Waffen beliefert werden, um das syrische Baath-Regime zu stürzen. Die Verlegung deutscher Patriot-Raketen dient dem selben Zweck und hat mit defensiver Verteidigung nichts zu tun. Entgegen vorgetäuschten humanitären Argumenten sind die Hintergründe der westlich/türkisch/arabischen Intervention in Syrien geostrategischer Natur. Mit einer Schwächung Syriens – sei es durch Regierungswechsel oder Bürgerkrieg – soll hauptsächlich dem Iran ein Bündnispartner genommen werden. Die Destabilisierung des Irans stünde dann als nächstes auf der Tagesordnung. Die kommenden Kriege werden bereits vorbereitet.
Nein zur Kriegspolitik der Bundesregierung! Bundeswehr und NATO auflösen!
5.12.2012, see red! Interventionistische Linke Düsseldorf